von Henry Buchberger
Ein Ball. Das ist alles was der South Boma FC besitzt. Der tansanische Fussballclub hat seine Heimat in Boma Ng‘ombe, einer Kleinstadt unweit des Kilimandscharo. Genauer gesagt sind es Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus den Dörfern Amani und Muungano, die sich jeden Tag treffen und eine Runde Fussball spielen. Das tun sie auf einem Hartplatz, der lediglich in der Regenzeit ein paar Grasbüschel vorweisen kann. Als Tore dienen ihnen jeweils zwei Rundhölzer, die durch ein dünnes Seil miteinander verbunden sind. Wenn man die Jungen, auch ein Mädchen ist dabei, spielen sieht, dann geht mir als Fußballenthusiast und ehemaligen Trainer durchaus das Herz auf.
Mit einer immensen Freude und großen Begeisterung frönen sie ihrem Hobby. Trotz der rauen Platzverhältnisse scheuen sie keinen Zweikampf, auch wenn sie dabei mit der blanken Haut über den staubigen und mit Steinen bespikten Boden schlittern.
Aufmerksam wurde ich auf diese Kicker vor etwa drei Monaten, als ich meine tansanischen Freunde Hilary und Ulomi in Boma Ng´ombe besuchte und bei einem abendlichen Spaziergang ein munteres Fussballspielchen beobachten konnte. Im Gespräch mit den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen fragte ich, was sie denn gebrauchen könnten, wenn sie sich etwas wünschen könnten. Hassans Antwort war schlicht und einfach: einen Ball. Ehrlich gesagt, überraschte mich diese Antwort, hätten sie diese Liste doch beliebig fortsetzen können. Noch am selben Abend kontaktierte ich meinen Heimatverein, den SV Fortuna Griesheim. Mit meinem Nachfolger und dem jetzigen Vorsitzenden Andreas Leidigkeit sowie dem Stellvertreter Mario Bloß, beide gute Freunde meinerseits, sprach ich über eine mögliche Unterstützung in Form von Trainingsmaterialien und Spielkleidung. Überreden musste ich die beiden nicht, denn für sie sind Aktionen wie diese eine Herzensangelegenheit. Auch der Vorstand war begeistert und so verschickten meine Vereinskollegen Anfang Juni ein etwa 25 Kilo schweres Paket mit dem Zielort Tansania.
Nicht einmal zwei Wochen später konnte ich jenes in der Poststation von Moshi abholen. Wenige Tage darauf, am 20. Juni, erfolgte schließlich die offizielle Übergabe in Boma. Dazu fanden sich zahlreiche Jungen, ein Mädchen, Trainer Fanuel, meine beiden Freunde und einige Zaungäste auf dem Fußballplatz einer Grundschule ein. In meiner kleinen Rede sprach ich über meinen Heimatverein, der diese Aktion selbstlos unterstütze, und über den Fussball, der durchaus in der Lage ist, Grenzen zu überwinden und als Mannschaftsport soziale Werte wie Teamgeist, Toleranz, Fairness und Respekt zu vermitteln. Ich ermutigte die Spieler und Spielerin an ihren Träumen, und mögen sie für andere noch so unwahrscheinlich sein, festzuhalten. Denn Träume setzen Ziele und Ziele kann man erreichen. Mein Freund Ulomi erklärte mir, dass dieses Paket eine unglaublich große Bedeutung für sie habe und dabei helfen wird, dass Talent der Kinder und jungen Erwachsenen zu fördern. Bevor das obligatorische Erinnerungsfoto folgte, bedankte sich der FC mit einer kleinen musikalischen Einlage. Anschließend teilten sich die Kicker in zwei Mannschaften auf und gaben mir eine Kostprobe ihres fußballerischen Könnens.
„Mit den Materialien können wir in Zukunft viel besser trainieren“, ergänzte Trainer Fanuel, der sich seit 2018 mehrfach die Woche um die kleinen und großen Talente kümmert. Die Übungen, die er im Repertoire hat, sind einfach, zumal er bisher nur einen Ball zur Verfügung hatte. Künftig wird sich das ändern, auch weil das Engagement meines Griesheimer Heimatvereins kein einmaliges war. Ein weiteres Paket ist bereits angedacht.
Ein Höhepunkt im Vereinsleben des FC ist das monatliche Freundschaftsspiel gegen ein benachbartes Dörfchen. Der herzlichen Einladung, der nächsten Partie als (Gast-)Trainer beizuwohnen, werde ich definitiv nachkommen. Als ich mich an diesem Tag vom South Boma FC verabschiedete, konnte ich nicht nur in etliche glückliche Gesichter blicken, sondern erntete auch viele herzliche Umarmungen. Einer der älteren Spieler nahm meine Hand, bedankte sich und sagte: „Dieser Ort ist von nun an deine zweite Heimat und du bist hier immer und jederzeit willkommen.“ Ein Satz, der bei mir noch lange nachhallen sollte.